13.1.08

Der Lauscher an der Wand im 21. Jahrhundert

Ich besitze einen Funkkopfhörer. Normalerweise braucht man außer dem Kopfhörer dazu so eine Sendestation und die ist an etwas angeschlossen, dass diese Station mit sendbarer Musik versorgt. Zu leise darf es nicht sein, sonst entscheidet die Sendestation schon mal, dass jetzt zu lange nichts mehr lief und schaltet einfach ab (sehr ärgerlich bei einigen klassischen Konzerten, wenn ich dann nicht sowieso schon sanft eingeschlafen war).
Seit kurzer Zeit brauche ich nur noch den Kopfhörer, denn irgendeiner meiner Nachbarn hat sich auch so ein System besorgt und das Ding funkt gnadenlos in die ganze Welt. Für mich ist daraus ein sehr spannender Zeitvertreib geworden, denn hier wird akustische Detektivarbeit verlangt.
Ich setze den Kopfhörer auf, schalte ein und lausche. Dann versuche ich zu ergründen, was das wohl ist, was dort in meine Gehörgänge wellt. Letztes Wochenende durfte ich ein Album der Dire Straits genießen und soeben die letzten Minuten eines Filmes (es ging um Pferderennen und die Pferde waren der Sprache mächtig). Ich weiß also zunächst nicht genau, was da gespielt wird und zweitens bin ich noch nicht dahinter gekommen, welcher meiner Nachbarn das wohl ist.
Ich denke, im Laufe der Zeit werden sich die akustischen Mosaiksteinchen zusammenfügen und dann weiß ich, wem ich heimlich lauschen durfte.
Das andere Problem, das ich jetzt habe ist, dass ich jetzt davon ausgehen muss, dass er mich auch (ab)hört und da werde ich jetzt wohl aufpassen, meine akustische Identität so weit als möglich zu verwischen. Vielleicht sollte ich tagsüber Bibel-TV funken lassen und damit auch gleich einem Thema ("Was kann ich für Bibel-TV tun?") auf der Website dieses hochgeschätzten Formats genüge tun?